20. Januar 2018

Do widzenia Poznań!


Nachtrag zum Auslandsaufenthalt in Posen (PL) im Wintersemester 2016/2017

Spontan, ungeplant, einfach aus einem Bauchgefühl heraus.
So bin ich am Tag meiner Abreise aus Posen in Berlin Kreuzberg bei einer Freundin auf der Couch gelandet. Wobei ich ehrlich gesagt sogar in ihrem Bett schlafen durfte. Aber nicht nur deshalb fühlte ich mich im Februar 2017 wie zuhause bei Michelle - und wenn es darum geht ein Zimmer mit einer anderen Person zu teilen bin ich ja seit Jowita sowieso längst Profi!

Während der verbleibenden letzten Wochen in Posen war dann allerdings doch keine Zeit mehr für ausführliche Blogeinträge - wie ihr ohnehin bemerkt haben dürftet. Dafür umso mehr Zeit für einige abschließende Erlebnisse, Kontakte, Gefühle und auch den ein oder anderen Moment der Ruhe, um all das zu verarbeiten. Die letzten Tagen waren nämlich geprägt von den unterschiedlichsten Gefühlen: Dankbar für eine aufregende Zeit voller Erfahrungen, fröhlich in den verbleibenden Tagen, traurig im Hinblick auf den bevorstehenden Abschied, voller Vorfreude auf die Rückkehr nach Bamberg im April 2017 aber auch (An-)Spannung im Hinblick darauf, was die beiden Monate bis zur Rückkehr nach Bamberg noch bringen würden.
So gingen schließlich auch diese letzten Wochen ins Land, während Flo und ich nach dem offiziellen Semesterschluss am 2.2.2017 unter anderem nochmal zusammen unsere Lieblingsorte und -locations in Danzig und Posen besuchten und den doch sehr erfolgreichen Abschluss des Auslandssemesters feierten. Gerade auch unsere beiden Lieblingsbars, Lawendowa 8 in Danzig sowie Piwna Stopa in Posen, sollten noch von unseren ausgedehnten Besuchen profitieren! Das Craftbier in Polen war eben einfach überragend. Punkt. Auch Fabi hatte es letztlich noch geschafft für einige Tage nach Posen zu kommen, das Bamberg-Gespann also wieder vereint.
Ein besonderes Highlight der letzten Tage in Posen war für mich meine eigene kleine Abschiedsfeier im Zimmer 612 mit einigen wenigen Freunden, die sich auch nach Semesterschluss tatsächlich noch in Posen aufhielten. Neben einigen von mir zubereiteten Speisen und Wein war die Versteigerung von etlichen Gebrauchsgegenständen, die ich mir für meine Zeit in Posen besorgt hatte, einer der Mittelpunkte des Abends. Töpfe, Pfannen, Geschirr und alles andere, was so dazugehört, ging dann auch weg wie nichts - dank einer ganz besonders ehrgeizigen Schnäppchenjägerin! Von dem ersteigerten Geld wurde sodann gleich noch mehr Wein besorgt, der uns den Rest des Abends über bei bester Laune halten sollte.

[Impressionen zur praktischen Prüfung im Kurs "Acting craft in polish theatre" - Inszenierung zur Situation von Geflüchteten in Syrien und Deutschland]








Auch habe ich gen Ende oft darüber nachgedacht, wie es wohl in einem anderen Land gewesen wäre, was mich dort erwartet hätte... und bin zu dem Entschluss gekommen, dass es letztlich ganz egal ist wo Studierende ihr Auslandssemester verbringen. Auch wenn da zu Beginn verständlicherweise immer diese eine Landespräferenz ist, die es unbedingt werden muss, weil es dort ja sowieso am allerbesten ist. Nonsense!
Natürlich mag die eine Uni besser sein als eine andere aber letztlich geht es meiner Meinung nach darum den Schritt zu wagen ins Ausland zu gehen, sich in einem fremden Land und an einer fremden Universität zurecht zu finden und in Kontakt zu kommen mit unterschiedlichen Kulturen und Menschen. Und dabei spielt das Land oft eben nur zweitrangig eine Rolle.
Rückblickend betrachtet wäre ich daher nirgends lieber gelandet als in Posen. Vermutlich auch nicht, wenn ich nochmals die Wahl hätte.
Es war einfach eine unheimlich interessante Erfahrung in einem Land zu studieren und zu leben, das nach wie vor in vielen Hinsichten vorurteilsgeprägt ist. Um nicht zu sagen eine wichtige Erfahrung. Und manchmal haut es dich dann einfach total aus den Socken, wenn du die unterschiedlichen Facetten eines unterschätzten Landes kennen lernst, das in vielerlei Hinsicht doch so einiges zu bieten hat. Auch die Adam Mieckiewicz Universität kann ich rückblickend betrachtet als herausragende Universität bezeichnen und Studierenden uneingeschränkt empfehlen. Sich also öfter mal für das Unkonventionelle entscheiden, abseits des allgemeinen Hypes und sich dabei weder von den eigenen noch den Vorurteilen anderer Menschen beirren lassen sondern einer Sache einfach mal unvoreingenommen und offen gegenüber treten - das ist unterm Strich mein Fazit nach einem halben Jahr Auslandsstudium in Posen.
Aber natürlich waren auch nicht alle Erasmusstudierenden so begeistert von Polen, wie ich es war. Selbstverständlich ist das eine (meine) rein subjektive Sichtweise und jede andere Meinung hat mit Sicherheit ebenfalls ihre Berechtigung.

Do widzenia Poznań, schön war es mit dir im Wintersemester 2016/2017!




So ging erneut eine schöne Zeit zu Ende... und neue Abenteuer warteten bereits.
Denn in den Wochen von Mitte Februar bis Ende März machte ich ein 6-wöchiges Praktikum bei 'Moabit hilft e.V.', einem Verein, der aus einer Nachbarschaftsinitiative heraus gegründet wurde und seit einigen Jahren geflüchtete Menschen in vielerlei Hinsicht unterstützt. Das hat sich tatsächlich ganz zufällig ergeben, nachdem ich mich dazu entschieden hatte die verbleibende Zeit bis zum Beginn des Sommersemesters in Bamberg doch nicht mit einer Reise zu füllen sondern mich spontan für eine gute Sache zu engagieren. Kurzfristig bei einigen Einrichtungen in Berlin angefragt hieß es sodann "Moabit hilft e.V. it is!" und organisierte mir ein Zimmer in einer 5er WG zur Zwischenmiete in Berlin-Moabit. Nach einem halben Jahr wieder einmal ein eigenes Zimmer zu haben war definitiv etwas besonderes. Doch einzig die Erfahrung im Doppelzimmer gelebt zu haben ermöglicht mir diesen veränderten Blick auf etwas scheinbar ganz normales.
Und wie war Berlin so? Überragend!
Allein der Einblick in die Arbeit bei Moabit hilft, bleibende Eindrücke aus erster Hand und die Bekanntschaften mit vielen ehrlichen und herzensguten Menschen aus verschiedenen Kulturkreisen machten meine Zeit in Berlin zu einem Highlight. Und nach einiger Zeit hatte mich auch die Stadt Berlin fest im Griff. Wie heißt es manchmal - Berlin lieben oder hassen? Bei mir ist es definitiv ersteres, aber sowas von!
Denn Berlin ist eben einfach multikulti, alternativ, polarisierend und offen für alles. So zumindest mein Eindruck.
Nachts auf dem Nachhauseweg noch spontan ein Bierchen am Späti trinken mit Leuten aus Israel, die du 5 Minuten vorher kennen gelernt hast - Alltag in Berlin!

Das war es nun, zum Auslandsstudium in Polen.
Nach einer fast schon zu ausgiebigen Blogpause in den letzten Monaten plane ich in den nächsten Wochen das Blogschreiben wieder aktiver anzugehen und euch von einigen ausgewählten längeren Reisen zu berichten, die wir während der Masterstudienzeit unternommen haben. Vom Bike-touring über Reisen im VW-Bus ist alles dabei. Dabei wird es sich erst einmal weiterhin vorwiegend um das Reisen im europäischen Raum drehen. 
Gerade nach der Zeit in Australien und Neuseeland ist mir klar geworden, dass Abenteuer nicht nur am anderen Ende der Welt warten sondern auch Europa es mehr als wert ist bereist zu werden. Ausgefallene low-budget-Reisen sind es allerdings nichtsdestotrotz - so stay tuned!

Perzlperle




20. Januar 2017

Mit dem Rucksack durch Polen 2.0


Nochmal eine Reise durch das schöne Polen gefällig? Dann solltet ihr euch definitiv für folgenden Eintrag Zeit nehmen!
Jetzt hat es ja einige Zeit gedauert, bis ich euch wieder etwas über das Reisen in Polen berichte.
Trotz der ausgiebigen Zeit in Posen, für die ich mir bewusst Zeit nehme, bin ich das ein oder andere Mal doch losgezogen, um Polen noch ein bisschen besser zu erkunden. Jahreszeit und Witterung beeinträchtigten meine Reiselust nämlich keineswegs!
Und wer weiß, wann ich wieder so eine gute Gelegenheit dazu bekommen würde?

Da Danzig gefühlt zu meiner zweiten Heimat in Polen mutiert ist, waren auch dort gewisse Orte nicht sicher! Als ich Ende Oktober ein paar Tage länger in Danzig verbracht habe, da uns Allerheiligen einige unifreie Tage am Stück bescherte (Halleluja!), nutzten Flo und ich die Zeit unter anderem auch für den ein oder anderen Ausflug in die Umgebung.
Zwei Orten an der Ostsee sollten wir in diesen Tagen also einen Besuch abstatten: Zum einen Hel, eine Stadt auf einer Halbinsel sowie der nördlichste Zipfel Polens, und zum anderen Łeba mit dem angrenzenden Słowinski National Park.
Hel war wirklich eine charmante kleine Stadt und perfekt für einen Tagesausflug - rauschende Wellen, ein alter Hafen und eine Kirche mit Aussichtsturm, die früher wie heute das Zentrum des Stadt bildet. Heutzutage befindet sich ein interessantes Museum im Inneren der Kirche. So verlassen diese Stadt im Spätherbst auch war, so toursitisch muss es dort schätzungsweise im Sommer sein.









Wirklich aufregend wiederum war der Ausflug in den Słowinski Nationalpark bei Łeba!
Nachdem es von Danzig aus etwa drei Stunden dauerte Łeba zu erreichen, machten wir uns sofort nach unserer Ankunft um 10 Uhr morgens auf zu der geplanten 20km langen Wanderung.
Highlight dieser Wanderung war die angeblich imposanteste Sanddüne Europas, die wir nach 10 Kilometern durch den bewaldeten Teil des Nationalparks erreichen sollten. Und wir staunten nicht schlecht: Nicht nur in den Weiten des Waldes sondern auch auf dieser unvorstellbar riesigen Sanddüne selbst war zu dieser Jahreszeit fast keine Menschenseele zu sehen - nur kilometerweite Stille ringsherum, wo sich im Sommer hunderte Touristen tummeln sollen. Ein tolles Erlebnis und eine eindrucksvolle Sanddüne!
Zurück führte der Weg sodann über den zum Nationalpark gehörigen Strand, bei einer Distanz von rund 8km. Rechtzeitig vor Einbruch der Dunkelheit erreichen wir wieder das Zentrum von Łeba, nach einem unvergesslichen Tag voller unerwarteter Eindrücke!











Auf dem Heimweg machten wir Halt in der Stadt Lębork und stärkten uns mit einer riesigen Portion Pierogi in einer kleinen 'Pierogarnia', bevor es zurück nach Danzig ging.
So vergehen auch in Danzig die Tage immer wie im Flug!

Wie ihr vielleicht noch aus meinen letzten Einträgen wisst, haben Flo und ich uns außerdem im Dezember eine Woche lang von der Uni freigenommen, um gemeinsam in Polen zu reisen. Natürlich sollten wir hierbei auch Breslau und Krakau noch einmal beehren, da Flo diese Städte noch nicht gesehen hatte und wir außerdem Weihnachtsmärkte und polnische Freunde besuchen wollten.
Da ihr aber mittlerweile schon so manches über Breslau und Krakau wisst, beschränke mich auf die anderen Reiseziele: Lublin, Zamość, Kazimierz Dolny und Warschau.
Einigen dieser Städte, die sich vorwiegend im Südosten Polens befinden, wurden ukrainische und ja sogar italienische Einflüsse nachgesagt. Ich meine, ukrainisch war ja nachvollziehbar mit der Ukraine als einem der angrenzenden Länder im Südosten Polens, aber italienisch?!
Das musste ich mit eigenen Augen sehen.

Ich beginne mit Kazimierz Dolny, der Stadt der Verliebten wie ich später erfuhr. Schön und gut, nur leider war ich alleine dort... weil Flo an diesen Tag ein telefonisches Vorstellungsgespräch für ein Praktikum hatte und in unserem Hostel in Lublin geblieben ist. Das war wiedermal perfektes Timing.
Was solls, ich würde auch alleine eine romantische Zeit haben!
Und tatsächlich war diese Stadt etwas ganz besonderes...














Doch nicht nur der Ausblick über die schöne verschneite Landschaft machte diesen Reiz aus, ebenfalls eine kleine Wanderung durch die vielen umliegenden Lössschluchten, für die Kazimierz Dolny berühmt sein soll. Tatsächlich befinden sich dort flächenmäßig betrachtet die meisten Schluchten in ganz Europa, wie ich später nachlesen konnte. Eine interessantes Naturspektakel, weshalb ich mich als Naturliebhaberin beim Fotographieren nicht zurückhielt - mit meiner 1a Profi-Handykamera.
Während dieser Wanderung bekam ich sodann nicht nur einige wilde Rehe zu Gesicht sondern auch eine ziemlich hysterische, zornige, alte Polenoma, nachdem ich versehentlich in ihrem Garten gelandet war. Dabei wollte ich den Weg doch nur etwas abkürzen... Kann passieren!
Diesmal leider keine so schöne Bekanntschaft wie ich es sonst in Polen gewohnt bin.

Auch die Städte Lublin und Zamość standen Kazimierz Dolny in nichts nach.
Lublin, eine Großstadt mit seinem kleinen Altstadtkern auf einem Berg, ringsherum von zierlichen und schön verzierten Häusern umgeben, war irgendwie magisch. In Lublin waren viele Fenster mit Bilder von Menschen hinterlegt (siehe erstes Bild unten). Ich weiß nicht, ob das berühmte Persönlichkeiten sind oder nicht, ein bisschen ungewöhnlich war es aber allemal! Überschneiden sich hier vielleicht ukrainische und polnische Kultur?






Ein definitiv irrwitziges Erlebnis in Lublin nennt sich übrigens 'Katzencafé'. Schon davon gehört? Hier möchte man nicht nur Kaffee trinken sondern gleichzeitig mit Katzen schmusen. Der ambitionierte tierliebende Inhaber rettet nämlich Katzen aus Tierheimen, nimmt sie bei sich im Katzencafé auf und erfüllte sich damit einen lang gehegten Traum. Medizinisch und auch sonst bestens versorgt, leben hier ungefähr 10 Katzen und fühlen sich offensichtlich ganz wohl - trotz oder gerade wegen der vielen Cafébesucher.

Die Kleinstadt Zamość hingegen ist als ehemalige Festungsstadt bekannt und beeindruckte uns mit gut erhaltenen Überresten der ehemaligen Stadtmauern und Wehrtürmen sowie einem einzigartigen Marktplatz.
Denn vor allem am Zamośćer Marktplatz bemerkten wir den italienischen Einfluss, der auf einen italienischen Architekten zurückzuführen ist und sich ganz klar unterscheidet von dem, was wir in anderen polnischen Städten gesehen haben. Vielleicht bemerkt ihr auch, dass das Rathaus in Zamość dem in Posen ähnlich ist - was im Umkehschluss bedeutet? Richtig, dass das Posener Rathaus von einem italienischen Architekten geplant wurde, wie ich herausfand.







Selbstverständlich wartete auch die Hauptstadt Polens, Warschau, noch auf einen Besuch - angeblich nicht wirklich eine Reise wert laut der Meinung einiger (polnischer) Leute. Aber wir wollten uns unser eigenes Bild machen und tatsächlich gefiel uns Warschau ganz gut. Natürlich ist Warschau die klassische Großstadt-Metropole mit unzähligen Wolkenkratzern, breiten Straßen, imposanten Gebäuden, viel Lärm und Verkehr - und dennoch gab es interessanterweise doch die ein oder andere charmante Ecke in all dem Großstadttrubel zu sehen, nicht zuletzt in der Altstadt.









Gerade auch die Weihnachtszeit verlieh dieser Stadt einen gewissen Reiz, denn noch nirgendwo hatte ich eine so farbenprächtige und aufwändige Weihnachtsdekoration gesehen wie in Warschau!
Auf jeden Fall ungewöhnlich und Bilder dazu gab es ja genügend in meinem Weihnachtseintrag.
Natürlich haben wir uns auch mit alten Freunden getroffen, was ja einfach immer schön ist.
Da wäre Anil, mit dem ich (ihr erinnert euch) in Zakopane wandern war. Gut, dass sein Mitbewohner zeitgleich Geburtstag hatte und wir sodann auf einer Hausparty eingeladen waren - das war vielleicht ein verrückter Abend... keine Details zum Schutze der Anwesenden, aber Polen und Indien scheint eine gute Kombi zu sein!
Auch mit Fabi haben wir uns getroffen - Bamberg Reunion in Warschau! Und nach alter Manier war es ein Abend mit viel Bier, genauer gesagt Craftbier aus 100 verschiedenen Zapfhähnen, und guten Gesprächen - was braucht man mehr?



Und zu guter Letzt einige Worte zu einem sehr dunklen Kapitel unserer Geschichte: Besuch des Konzentrationslagers Auschwitz-Birkenau, dem größten Massenvernichtungslager, das zur Zeit des Nationalsozialismus existierte.
Ich möchte nicht ausführen, was wir dort genau gesehen, gelesen, gehört, gefühlt haben.
Nachdem ich mittlerweile schon mehrere Konzentrationslager in Deutschland sowie Österreich besucht habe, kann ich allerdings sagen, dass wenige Konzentrationslager so gut aufbereitet und entsprechend viel Informationsmaterial bereitstellen wie Auschwitz es tut. Besonders eindrucksvoll sind die vielen originalen (deutschen) Schriftexponate.
Dennoch beschäftigte mich nach dem Besuch dieses KZs noch ein ganz anderes Thema:
Wieso mache ich an einem so geschichtsträchtigen Ort wie einem KZ ein Selfie von mir? Ist das neuerding hip und ich habs nicht mitgekriegt? Für mich nur schwer vorstellbar, dass man in dem Augenblick - lachend für ein Foto posierend vor dem Eingang eines Massenvernichtungslagers - irgendwas von der Thematik begriffen hat. Diese Emotionslosigkeit, ja gar Ignoranz einiger Besucher geht mir persönlich nicht in den Kopf und macht mich traurig angesichts der abermillionen Menschen, die hier unter grausamsten Bedingungen Leid erfahren und ihr Leben lassen mussten.
Wieso machen Menschen diese Gedenkstätten zu einem Ort der Vergnügung, wie jeden anderen?
Aber klar, mann kann heutzutage nie genug Selfies von sich haben - verständlich!
Ihr müsst diese Auffassung nicht teilen, diese meine Zeilen sollen einfach nur einen Gedanken darüber anstoßen.






Doch nun ist die kleine Führung durch Polen leider auch schon wieder vorbei, meine Lieben.
Die zweite Reise durch Polen war also insgesamt erneut ein voller Erfolg - diesmal gemeinsam mit Flo, was zur Abwechslung sehr schön war. So konnten wir zusammen das Land entdecken und mal wieder unsere gemeinsame Zeit fernab der Fernbeziehung genießen!

Dies ist allerdings vorerst der letzte Eintrag über das Reisen in Polen, da ich mittlerweile doch sehr viel gesehen habe und die verbleibenden Wochen vorrangig in Posen verbringen werde. Aber einmal mehr zeigt sich, dass auch Polen wirklich abwechslungsreiche, interessante Reiseziele zu bieten hat und das ziemlich sicher zu jeder Jahreszeit, sodass ich jedem eine Reise hierher nur ans Herz legen kann.

Freut euch aber dennoch auf weitere Einträge in den nächsten Wochen - dann eben über andere spannende Themen.

PP


14. Januar 2017

Posen, du bist schön!


Einen lieben Gruß aus Posen zum neuen Jahr an alle Leser und Leserinnen.
Zwar etwas spät, aber immerhin!


"When are you leaving Poznań?" ist die Frage der Fragen, die anscheinend mittlerweile alle Erasmusstudierenden so brennend beschäftigt, die genau wie ich für nur ein Semester nach Posen gekommen sind. Mal ehrlich, are you fucking kidding me people? Zwar wurde mir im Netzwerk der Uni letztens angezeigt '40 days left of your Erasmus' und ja, mir ist dies bewusst, aber muss das trotzdem JETZT schon sein? Während ich mir also Gedanken darüber mache, wie ich meine Zeit zwischen Mitte Februar und Ende März in Polen nutzen und eventuell sogar noch ein paar Wochen länger in Posen bleiben könnte, bevor ich Anfang April wieder offiziell Bambergerin bin, packen die anderen Erasmusstudierenden schon ihre Koffer und warten auf den Flug nach Hause.
Ich möchte lieber noch ein bisschen bleiben!

Natürlich kann auch ich nicht umhin mitunter daran zu denken, wie schnell dieses Semester eigentlich verflogen ist - kaum angefangen am 4.10.2016 und nun befinde ich mich schon mitten in den letzten Wochen des Wintersemesters. Polnische Studierende haben übrigens, anders als in Deutschland, nicht zweimal im Jahr Semesterferien sondern im Sommer lieber doppelt so lange frei - was im Umkehrschluss bedeutet, dass deren Sommersemester schon Mitte Februar beginnt. Während deutsche Studierende im Februar und März also teilweise noch mitten in ihren Prüfungen des vergangenen Semesters stecken, beginnt für polnische Studierende die Prüfungszeit im Januar und ist Anfang Februar teilweise schon abgeschlossen. Und ja, auch für uns Erasmusstudierende heißt es bereits: Hallo du heiß geliebte Prüfungszeit!

In meinen Kursen sind die Prüfungen aber glücklicherweise recht entspannt - liegt jedoch definitiv auch an der Auswahl der Kurse, wenn ich mir so die Prüfungen der anderen Erasmusstudierenden ansehe... Ich habe einfach bewusst sehr viele praktische Kurse gewählt, wo manchmal sogar keine Prüfung verlangt wird (Glück gehabt!) oder aber eben eine Prüfung im praktischen Sinne - und das liegt mir persönlich einfach viel mehr. So werde ich beispielsweise in meinem Theaterkurs mit einer Kommilitonin ein kleine Szene aufführen, welche wir selbst erarbeiten und anschließend vom Dozenten benotet wird. Aber das nur nebenbei.

Noch ungefähr ein Monat bleibt mir also an der Adam Mickiewicz Universität und in Jowita, bis das Semester offiziell vorbei ist und ich ausziehen werde. Im Augenblick schiebe ich diesen Gedanken, der mich doch etwas traurig stimmt, einfach beiseite und versuche die mir verbleibende Zeit noch in vollen Zügen zu genießen!
Daher habe ich mir vorgenommen, euch in diesem Eintrag auch wieder ein bisschen aus meinem Alltag hier zu berichten.

Diese Woche war Posen zum ersten Mal so richtig verschneit! Dies bot die perfekte Gelegenheit für eine ausgiebige Schneeballschlacht direkt vor dem Eingang von Jowita, bei der Klaudia und ich die anderen Wohnheimsbewohner ordentlich einseifen wollten... während alte Leute sich natürlich über die Jugend heutzutage echauffierten! Die schneeweißen Klamotten ausgezogen, machten Klaudia und ich es uns danach mit Tee in unserem Zimmer gemütlich.
Hach, wie ich das 'Alte-Leute-Leben' mit ihr vermissen werde - manchmal schon um 11 Uhr abends unter der Bettdecke mit Tee und Kerzen, während andere sich gerade auf den Weg in die Stadt zum Feiern begeben.
"Wir müssen mehr Party machen Krysia!", sagte Klaudia einmal lachend. Och nö du!
Aber natürlich bin ich auch öfter mal unterwegs in Poznań City, denn hier ist einfach immer was los bei mehreren Kinos und Theatern, dem Kulturzentrum im Schloss, vielen Bars und unzähligen Events andernorts - teilweise auch ziemlich abgefahrene Veranstaltungen muss ich sagen!
Und dank Facebook bin ich auch so gut wie immer up to date, nachdem ich so ziemlich jede mögliche Seite geliked hatte - genau wie zuhause eben.
Ebenso sind die gelegentlichen Museumssamstage nach wie vor ein Highlight für mich, da die meisten Museen an diesem Tag gratis sind und es einfach einige interessante hier gibt.
Vor kurzen war ich mit Flo im Hörnchen-Museum, wo wir alles über die Geschichte und Herstellung der berühmten Posener Hörnchen gelernt haben.


Konzert der Posener Symphoniker

Ausblick aus dem Hörnchen-Museum

Gerade jetzt in der kalten Jahreszeit setze ich mich, auch oft zwischen den Univeranstaltungen, gerne mal in eines der vielen Cafés für ein leckeres Stück selbstgemachten Kuchen und einen heißen Tee.







Der amüsanteste Café-Augenblick mit einer Freundin, an den ich mich in letzter Zeit erinnere, war im Juice Drinkers, einem kleinen Laden mit zwei Filialen in der Stadt und frisch gepressten Smoothies sowie Sandwiches im Angebot. Verabredet zum quatschen landeten wir schließlich in der jeweils anderen Filiale. Macht nichts, erstmal gemütlich einen Smoothie bestellen und sich dann über den Facebook Messenger unterhalten. Cool! In solchen Situationen entpuppt sich mobiles Internet auf dem Handy als sehr nützlich.
Bei Sonnenschein empfiehlt es sich auch, ein bisschen im verschneiten Posen oder an einem See in der näheren Umgebung spazieren zu gehen, wenn man so wie ich den Winter einfach gerne mag. Erst heute war ich mit einer Freundin in der nahe gelegenen Stadt Kórnik, wo wir gemeinsam das schöne Panorama genossen haben.






Was mich an Polen im Augenblick außerdem sehr begeistert ist die Tatsache, dass Weihnachtsdekorationen, Tannenbäume und die Freude an Weihnachten nicht schon am 27.12. aus dem Fenster fliegen. Nach wie vor erstrahlen polnische Städte in weihnachtlichem Glanz und dies angeblich sogar bis in den Februar hinein, aber auch der Weihnachtslieder sind die Polen noch nicht überdrüssig. Michał, Klaudias Freund, meinte vor ein paar Tagen, dass wir in nächster Zeit Weihnachtslieder singen und zusammen musizieren sollen, "weil doch noch Weihnachtszeit ist". Also ich finde das einfach schön!
Gesagt, getan - heute Abend wird es ein polnisch-deutsches Konzert im Zimmer 612 des Jowitawohnheims geben, mit Gitarre, Keyboard und Flöte. Packt mal besser die Ohrenstöpsel aus, liebe Nachbarn!

Man kann es also wirklich gut aushalten in Posen, um es mal salopp zu sagen.
Auch wenn ich mir bewusst Zeit für das Reisen in Polen nehme - gerade auch im Hinblick darauf, dass ich nur ein halbes Jahr hier sein werde - genieße ich doch die viele Zeit in Posen sehr und bin gerne in dieser Stadt zuhause.
Und schon jetzt weiß ich, dass ich die Bekanntschaften mit den vielen Erasmusstudierenden und meinen polnischen Freunden sowie die gemeinsame Zeit nicht missen möchte. Entwickelt man sich doch durch jede neue Bekanntschaft wieder ein bisschen weiter und lernt etwas über sich selbst. Und in so einem Auslandssemester geht es auch wirklich sehr multikulturell zu!
Dennoch habe ich auch ein paar deutsche Freundinnen gewonnen, die mir sehr ans Herz gewachsen sind. Und wie es der Zufall so will, ist Chrissy sogar aus Bamberg und Verena aus Erlangen, nur einen Katzensprung entfernt sozusagen. Da läuft man sich auch nach einem Auslandssemester definitiv nochmal über über den Weg!

Nach wie vor fühle ich mich auch in meinem Wohnheim Jowita und im Doppelzimmer mit Klaudia sehr wohl. Wobei Jowita schon manchmal ein bisschen wie ein Irrenhaus anmutet mit schreienden Leuten, die auf dem Gang vor den Zimmern mit den Skateboards herumfahren. Aber besser etwas verrückt als zu langweilig wie ich finde!
Und mittlerweile hat man sich auch an all die Handwerker gewöhnt, die jeden Tag eine andere Wand des Wohnheims aufbrechen, um einen Schaden zu beheben.
Nur manchmal fühle ich mich trotzdem noch ein bisschen wie ein Gefängnisinsasse hier, wenn ich beispielsweise meinen Wohnheimsausweis vorzeigen muss oder mir einmal im Monat neue Bettwäsche aus dem Waschraum im Keller abholen kann.
Später werde ich darüber sicher noch oft lachen!

Alles in allem gefällt mir Posen einfach so gut, dass ich im Augenblick noch garnicht weg möchte.
Mal sehen, was die verbleibende Zeit noch so an lustigen, verrückten, schwierigen, schönen und traurigen Augenblicken bereit hält.
Ihr werdet es erfahren, bald.

Eure Perzlperle